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Endokrine Disruptoren

Definitionen

Das Hormonsystem ist zum Erhalt des biologischen Gleichgewichts im Körper lebensnotwendig. Daher ist die Möglichkeit von Störungen des Hormonsystems durch Umweltgifte ein wichtiges Thema. Obwohl seit langem bekannt ist, dass Diethystilbestrol (DES) und Pestizide wie DDT oder Chlordan bei Menschen Unfruchtbarkeit auslösen bzw. Auswirkungen auf das Hormonsystem haben, gibt es wenig verlässliche Daten über die Auswirkungen von endokrinen Disruptoren auf die menschliche Gesundheit. Außerdem sollte berücksichtigt werden, dass selbst für die genannten Stoffe die Expositionssituationen für die Gesamtbevölkerung schwer extrapoliert werden kann. Dennoch ist Wachsamkeit angezeigt aufgrund der Problematik von geringen Dosen, wie sie heute z. B. bei Bispenol A bekannt ist, oder der Tatsache, dass Mischungen aus verschiedenen Substanzen, bei denen jede einzelne Substanz keine hormonelle Wirkung hat, in einer Mischung als endokrine Disruptoren wirken können.

Das endokrine System besteht aus Drüsen und den Hormonen, die in diesen Drüsen produziert werden und wirkt auf die Entwicklung, das Wachstum, die Fortpflanzung und das Verhalten von Menschen und Tieren. Die WHO hat endokrine Disruptoren als Substanzen oder Mischungen definiert, die die Funktionsweise des Hormonsystems ändern und die schädigende Auswirkungen auf die Gesundheit eines intakten Organismus oder seiner Nachkommen haben.

Die REACH-Bestimmungen (Dezember 2006) erlauben es, endokrine Disruptoren als extrem besorgniserregende Substanzen zu identifizieren, die spezielle Vorsichtsmaßnahmen erforderlich machen.

Da endokrine Disruptoren biologische, physiologische oder chemische Veränderungen auslösen, fallen sie unter die von AFNOR in Frankreich (entspricht der DIN in Deutschland) herausgegebene Definition von „Schadstoff“.

Endokrine Disruptoren sind also natürliche oder künstliche Substanzen, die eine Wirkung auf das Hormonsystem haben. Sie werden in folgende Klassen unterteilt:

  • Natürliche Hormone, die im menschlichen Körper produziert werden (z. B. Östrogene, Testosteron, Androgene usw.)
  • Natürliche Hormone, die von Pflanzen stammen (Phytoöstrogene), und nach dem Verzehr dieser Pflanzen eine östrogene Wirkung haben.
  • Chemische Substanzen, die wegen ihrer hormonellen Wirkung produziert werden (z. B. Anti-Baby-Pille usw.) und die aufgrund ihrer chemischen Zusammensetzung natürlichen Hormonen ähneln oder mit ihnen identisch sind.
  • Chemische Substanzen, die in der Industrie, der Landwirtschaft oder bei der Herstellung von Verbrauchsgütern eingesetzt werden oder als Nebenprodukte anfallen und deren hormonelle Wirkung nicht beabsichtigt ist. Sie können eine ähnliche Zusammensetzung wie natürliche Hormone haben. Diese Gruppe ist Gegenstand von Kontroversen und steht auf einer Liste von zu testenden Substanzen, die durch Programme der EU (SCALE, Credo) und der USA schnellstmöglich erforscht werden sollen.

Um die Erforschung der betreffenden Substanzen zu ermöglichen, hat die EU eine Liste von 553 Chemikalien zusammengestellt, die auf ihre endokrine Wirkung hin untersucht wurden und werden. Sie wurden auf ihre Persistenz, ihr Vorkommen in der Umwelt, die produzierte Menge und Beweise für ihre endokrine Wirkung hin untersucht und in 3 Gruppen unterteilt:

  • Gruppe 1: 60 Mischungen, für die bereits der Beweis einer hormonellen Wirkung erbracht ist und die Priorität aufgrund ihres Vorkommens in der Umwelt haben
  • Gruppe 2: 55 potenzielle endokrine Disruptoren, die aufgrund ihres Vorkommens eine mittlere Priorität haben
  • Gruppe 3: 438 Substanzen, deren endokrine Wirkung noch nicht eindeutig nachgewiesen ist und die aufgrund ihres Vorkommens in der Umwelt keine Priorität haben

Zu beachten ist, dass die Mehrheit dieser Substanzen auch als CMR-Stoffe (cancerogen, mutagen, reproduktionstoxisch) klassifiziert sind.

Endokrine Disruptoren können im Organismus verschiedene Wirkungen haben:

Hormonähnliche Wirkung (Agonist)
Die Substanz bindet sich im Körper an einen Hormonrezeptor und wirkt wie das Hormon.

Blockieren der hormonellen Wirkung (Antagonist)
Die Substanz blockiert einen Hormonrezeptor, so dass die körpereigenen Hormone sich nicht mehr an den Rezeptor binden können.

Beeinflussung der Verfügbarkeit von körpereigenen Hormonen (Agonist und Antagonist)
Die Substanz stört die Produktion oder die Zersetzung von körpereigenen Hormonen, wodurch sich die im Körper befindliche Menge erhöht oder vermindert. Die Substanz kann auch die Zirkulation der Hormone im Blut beeinflussen.

Indirekte Wirkung
Der endokrine Disruptor verändert in den Körperzellen Mechanismen, die mit dem Hormonsystem in Interaktion stehen und damit einen Einfluss auf die Hormone ausüben.

Der Organismus reagiert folgendermaßen auf endokrine Disruptoren:

  • Unter bestimmten Bedingungen werden die Wirkungen von endokrinen Disruptoren im Erwachsenenalter durch Regulationsmechanismen des Hormonsystems ausgeglichen. Funktionelle Schäden sind nicht feststellbar, obwohl es auf molekularer Ebene Störungen gibt.
  • Befindet sich ein Organismus noch in der Entwicklung, können die Regulationsmechanismen die Wirkung von endokrinen Disruptoren noch nicht ausgleichen, so dass bleibende Anomalien und Schäden auftreten können. Daher sind die Mechanismen, die die Entwicklung eines Organismus steuern, anfälliger.
  • Veränderungen treten auf, wenn die Wirkung der endokrinen Disruptoren nicht mehr ausgeglichen werden kann.
    Anomalien treten z. B. bei der Reproduktion und im Stoffwechsel auf oder es entstehen Tumoren.

Wie wichtig ist das Problem der endokrinen Disruptoren?

Bei Tieren

Die Wirkung von endokrinen Disruptoren bei lebenden Organismen wurde zunächst bei Tieren nachgewiesen:

  • zu dünne Eierschalen bei Vögeln, die DDT ausgesetzt waren;
  • Veränderung der Reproduktion bei Robben, die PCB ausgesetzt waren;
  • Veränderungen der Geschlechtsentwicklung bei Alligatoren in Florida, die Pestiziden ausgesetzt waren;
  • Veränderungen in der Reproduktion bei bestimmten Fischarten, die Abwässern der Papier- und Chemieindustrie ausgesetzt waren;
  • Vermännlichung von Schlangen, die TBT ausgesetzt waren (Tributylzinn ist ein starkes Biozid).
    Diese Liste ist bei weitem nicht vollständig, zeigt aber wie viele endokrine Disruptoren in unserer Umwelt vorkommen.

Bei Menschen

Endokrine Disruptoren haben je nach Alter oder Entwicklungsphase des betroffenen Organismus unterschiedliche Auswirkungen; ist der Organismus ihnen in utero ausgesetzt, ist mit den schwersten Schäden zu rechnen. Bei einem Organismus, der sich noch in der Entwicklung befindet, ist entscheidend, dass das jeweils „richtige Hormon“ bei der Entwicklung jedes Organs vorhanden ist. Fehlt in einem bestimmten Stadium der Entwicklung ein hormonelles Signal können schwere Schäden, die sich auf das gesamte Leben des Organismus auswirken, die Folge sein. Gesundheitsprobleme, die auf Kontakt mit endokrinen Disruptoren in utero zurückzuführen sind, können sich von der Geburt bis zum Erwachsenalter zu verschiedenen Zeitpunkten bemerkbar machen. Auch geringste Dosen, denen ein Organismus über einen längeren Zeitraum ausgesetzt ist, können schwere Schäden zur Folge haben. Zusätzlich kann Kontakt mit mehreren endokrinen Disruptoren zur gleichen Zeit viel stärkere Auswirkungen haben als dies bei einer einzelnen Chemikalie der Fall wäre, es kommt also zu einem Synergieeffekt.

Die direkten und indirekten Auswirkungen auf die Gesundheit durch endokrine Disruptoren sind folgende:

  • ein Rückgang der Spermatozoiden um bis zu 40 % in einigen Ländern.
    Eine große Anzahl von Paaren, die unfruchtbar sind (14 % aller Paare mit Kinderwunsch gehen mindestens 1 Mal im Leben aus diesem Grund zum Arzt – laut Untersuchungsergebnissen von 1988-89)
  • ein Anstieg von Hodenkrebs in Europa (Verdopplung der Fallzahlen in den letzten 20 Jahren)
  • ein Anstieg von Leukämie in den Industrieländern (in Frankreich gab es fast eine Verdopplung zwischen 1980 und 2000)
  • ein Anstieg von angeborenen Missbildungen (in Paris kamen auf 150.000 Geburten 1981 2 % und im Jahr 2000 bereits 3,7 %)
  • Eine Studie aus dem Jahr 2002, die in Belgien durchgeführt wurde, hat eine verzögerte sexuelle Reifung bei Jugendlichen gezeigt, die in Gebieten, die durch PC und Dioxin kontaminiert sind, leben (Den HOND et col, 2002).

Bei Arbeitern

Mehrere Studien haben gezeigt, dass Unfruchtbarkeit und Prostatakrebs bei Landwirten und Menschen, die Pestizide einsetzen, häufiger auftreten.

In Bereichen der pharmazeutischen Industrie, die Medikamente mit hormoneller Wirkung herstellen, wurden verschiedene Anomalien bei den Produktionsmitarbeitern beschrieben: Gynäkomastie, Knoten in der Brust, Rückgang der Spermatozoiden usw. Bei Arbeitern, die ein Corticosteroid herstellen, wird über Anomalien der Nebenniere berichtet.
Arbeiter, die das Pestizid Chlordecon herstellen, zeigen ein Syndrom, das neurologische Probleme und Unfruchtbarkeit beinhaltet. Die giftige Wirkung von Chlordecon beruht auf seiner Östrogenwirkung.

Außerdem zeigen eine Reihe von Studien, dass sowohl Männer als auch Frauen, die in der Landwirtschaft und /oder mit Pestiziden arbeiten, Probleme mit der Fruchtbarkeit haben. (International Program on Chemical Safety, 2002).

Anzumerken ist, dass auch Faktoren, die nicht mit endokrinen Disruptoren in Verbindung gebracht werden können, die beschriebenen Gesundheitsprobleme erklären könnten: Fortschritte in der Diagnose (von Krebs, höheres Durchschnittsalter der Mütter und verbesserte Früherkennungsmethoden (von angeborenen Missbildungen), höhere Anzahl von Ejakulationen vor einer Spermaspende (für den Rückgang der Spermienqualität) usw.

Es handelt sich also eher um Vermutungen, die noch untermauert werden müssen, als um Gewissheiten, so dass Listen der wichtigsten noch intensiv auf ihre verhängnisvollen Wirkungen zu untersuchenden Substanzen erstellt werden müssen.

Im Juni 2006 wurde die europäische Gesundheits- und Umweltstrategie SCALE (Science, Children, Awareness, Legislation, Evaluation) beschlossen, die Strategien bzgl. der endokrinen Disruptoren beinhaltet. Bereits 2003 wurde die europäische Arbeitsgruppe CREDO (Cluster of research into endocrine disruption in Europe) gegründet, die 60 Laboratorien vereint, die zu endokrinen Disruptoren forschen.

In diesem Artikel beschränke ich mich auf endokrine Disruptoren, die im Arbeitsumfeld vorkommen und die aus der chemischen Industrie stammen. Endokrine Disruptoren wurden erst seit Beginn der 1990er Jahre in der Umwelt entdeckt. Im Oberflächenabflusswasser und in Sedimenten hat man Alkylphenol-Ethoxylate, DDT, Lindan, PCBs und Phtalate nachgewiesen, obwohl Organozinn-Pestizid-Verbindungen aus den Häfen entfernt wurden. Außerdem ist bekannt, das einige der in der Umwelt vorkommenden Substanzen sich über die Nahrungskette anreichern und damit auch Menschen betreffen, z. B. Dioxine und PCB, die oft in Milch, Fleisch und Fisch vorkommen. Auch wenn auf globaler Ebene die Kontaminierung nachlässt, enthalten einige Lebensmittel Konzentrationen, die oberhalb der Grenzwerte liegen (OFSP – Bundesamt für Gesundheit in der Schweiz, 2008).

Endokrine Disruptoren am Arbeitsplatz

Da es keinen wissenschaftlichen Konsens gibt und direkt einsetzbare Reglementierungen fehlen, ist es schwierig, Präventivmaßnahmen gegen die reelle Gefahr, die von endokrinen Disruptoren ausgeht, zu ergreifen. Trotzdem sollte dies nicht zu Untätigkeit führen, da das Begreifen chemischer Risiken sehr wichtig ist. Es gibt bisher nur wenige Tests zur Erkennung endokriner Disruptoren:

  • Uterotrophischer Test bei Nagetieren;
  • Reproduktionstest bei Ratten und Mäusen;
  • Öko-toxikologischer Test bei Daphnien (Wasserflöhen).

Die beiden letztgenannten Tests sollten in die EU-Direktive „Biozide“ und die REACH-Verordnung aufgenommen werden, um dann zu den Anforderungen zu gehören, die an die Unternehmen gestellt werden, die eine Substanz vertreiben wollen.

Es sollen anschließend die folgenden 11 Gruppen von Chemikalien, die im Verdacht stehen, endokrine Disruptoren zu sein, getestet werden:

  • Alkylphenole
  • Bisphenol A
  • Phtalate (Weichmacher)
  • Chlorkohlenwasserstoffe (Polychlorobiphenyle und Dioxin)
  • Diphenyle und bromierte Diphenylether
  • Pestizide
  • Trialkyl-Zinn-Verbindungen
  • UV-Filter
  • Schwermetalle
  • Lösungsmittel
  • Steroidhormone

Dr Danièle Henny – Arbeitsmedizinerin

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